Renommierte Französinnen und Franzosen haben am 17. Januar in Le Figaro die Gründung der Académie franco-allemande de Paris bekannt gegeben. Sie wollen der vielfach beschworenen deutsch-französischen Freundschaft eine lebendige Zukunftsperspektive eröffnen. Die ganz im Dienst der deutsch-französischen Verständigung stehende Académie wurde als französisches Pendant der deutschen Académie de Berlin gegründet, die sich 2006 unter der Schirmherrschaft des damaligen französischen Botschafters Claude Martin zusammenschloss. Ihr Ziel ist es, in Erinnerung an Friedrich II. und seine Leidenschaft für die französische Sprache, Philosophie und Literatur und an seinen Berater Voltaire, den Dialog der Ideen zwischen Deutschland und Frankreich zu intensivieren und die Kenntnis der jeweils anderen Sprache und Kultur zu fördern.
Die Akademien in Paris und Berlin sind, gefördert von den beiden Botschaften, ein Treffpunkt für Germano- und Frankophile aus den unterschiedlichsten Bereichen in Kunst und Wissenschaft, Presse, Wirtschaft und Diplomatie. Ihre Mitglieder sind davon überzeugt, dass ein neues, an die Geschichte der Versöhnung anschließendes Kapitel aufgeschlagen werden muss, um Europa gemeinsam zu gestalten. Nutzen wir unsere historischen Erinnerungen, um die Zukunft zu verändern und den Frieden in Europa dauerhaft zu sichern. Die Spannungen der letzten Monate zwischen unseren beiden Regierungen haben daran erinnert, dass unsere Länder auch unterschiedliche Interessen verfolgen. Gerade deshalb sollten wir, im Gedenken an die von de Gaulle und Adenauer gelegten Grundlagen, diese Herausforderung in einem offenen Dialog annehmen. Machen wir unsere ‚Carambolage’ fruchtbar.
Jede Entfremdung zwischen unseren Ländern schwächt Europa. Besondere Aufmerksamkeit verdient in diesem Zusammenhang die immer mehr abnehmende Kenntnis des anderen Landes und seiner Sprache. Immer weniger Deutsche lernen Französisch, immer weniger Franzosen sprechen Deutsch. Sprache ist und bleibt der Schlüssel zum Anderen, zu seinem Denken, zu seinem Handeln, zu seinen Wertvorstellungen und zu unserer gemeinsamen, aber ganz unterschiedlich erlebten Geschichte. Der Spracherwerb stellt eine besondere Herausforderung dar. Wir halten es daher für wichtig, die Strategie zur Förderung der Partnersprache umzusetzen, die gerade jetzt wieder zwischen unseren beiden Ländern vereinbart wurde. Der Vorschlag, das Erlernen einer zweiten Fremdsprache bis zum Abitur wieder zur Pflicht zu machen, erscheint uns in diesem Zusammenhang wesentlich.
Die deutsche und französische Initiative in beiden Akademien soll und wird keinen politischen Dialog ersetzen. Wir tragen dazu bei, die Kenntnis des Anderen zu vertiefen und besonders auch der Jugend zu vermitteln, die Neugier auf das andere Land zu wecken und den Austausch in vielfacher Weise anzuregen. Entdecken wir das große Potential einer engen Freundschaft zwischen Frankreich und Deutschland für uns und für unsere Zukunft in Europa.
Gesine Schwan, Präsidentin
Ulrich Wickert, secrétaire perpétuel
Thomas Bütow
Detlev Ganten
Thomas W. Gaehtgens
Tina Hassel
Thomas Hengelbrock
Wolfgang Ischinger
Anselm Kiefer
Jonathan Landgrebe
Wolf Lepenies
Lothar Menne
Nils Minkmar
Cedric Neike
Patricia Oster-Stierle
Thomas Ostermeier
Ulrich Raulff
Stephan Schwarz
Bénédicte Savoy
Volker Schlöndorff
Erika Tophoven
Nike Wagner
Christina Weiss
Wim Wenders